„Natürlich auf Knien“ war die erste Geschichte, die Harald Jöllinger aus seinem ersten Prosaband „Marillen & Sauerkraut“ – erschienen heuer bei Kremayr & Scheriau – bei der Buchpräsentation im read!!ing room vorlas.
„Auf die Knie“ würden auch wir gerne allen Freund*innen von grantigen und raunzerten Geschichten zurufen. „Auf die Knie – und schämt Euch alle, die Ihr diese tolle Präsentation verpasst habt.“ würden wir auf jeden Fall hinzufügen.
Zwei Teile, ein Buch
Marillen & Sauerkraut funktioniert nach einem bemerkenswerten und einfachen Prinzip. Der Autor aus Maria Enzersdorf unterteilte sein zahlreichen Kurzgeschichten in zwei grobe Kapitel. Die Marillentexte handeln von den eher süßen und netten Dingen während der Sauerkrautteil definitiv nicht selten mit Zeter und Mordio endet.
Die Poetik seines Buches versteckt der Autor mehr oder weniger in der Mitte in einem Text mit dem sinnigen Titel „Zwei Seiten“. „Es ist doch so, die Marillen sind zuerst sauer und wenn die reif werden, schmecken sie süß. Aber das Kraut ist nach der Ernste noch neutral und wird erst bei der Fermentierung sauer.“ (Jöllinger; 2019; 106)
Rund um diese im wahrsten Sinn zentrale Geschichte baute der Autor zwei Texte, die nach dem gleichen Prinzip funktionierten und doch komplett unterschiedlich im Ton und Ausgang sind. „Natürlich auf Knien“ und „Auf Knien“ behandeln beide das Telefonat zweier Freundinnen in dem der Griechenlandurlaub der Ich-Erzählerin zur Sprache kommt. Der Autor benutzt die selben Begebenheiten, allerdings bewertet die Ich-Erzählerin die „Tatsachen“ jeweils komplett unterschiedlich.
Pointierte Eröffnungen
Jöllinger präsentiert sich als Meister des kurzen Satzbaus. Vor allem seine Eröffnungssätze sind keine feinziselierten Wortkaskaden, sondern pointierte Kurzstatements wie „Weihnachten ist wirklich eine blöde Zeit zum Sterben“ oder „Komm her zu mir, du könntest mir gefallen“, die durchaus als T-Shirtsprüche oder Facebook-Postings herhalten könnten. Der Ton ist authentisch, bisweilen „schnoddrig“ und raunzert. Der Autor schaut definitiv seinen Figuren auf die Pappn und reproduziert gekonnt den Sound.
Es mag sein, dass die Geschichten – so wie es die Tiroler Tageszeitung meint – von unterschiedlicher Qualität sind. Allerdings sind pointierte, teilweise bitterböse Kurzgeschichten wie Harald Jöllinger sie mit „Marillen & Sauerkraut“ vorgelegt hat, normalerweise eine ganz eigene Kunst, die viele unterschätzen. Wir meinen daher: Eine absolute Empfehlung!
Stimmen der anderen:
Zum Buch / Bestellmöglichkeit
„Marillen & Sauerkraut“ – Harald Jöllinger
Hardcover mit Schutzumschlag
208 Seiten, Format 12,0 x 20,0
1 Auflage, Kremayr & Scheriau 2018
19,90 Euro inkl. MwSt.
ISBN: 978-3-218-01156-3
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