Sollten Sie einmal die Gelegenheit haben einer Lesung von Ludwig Roman Fleischer beizuwohnen, so können wir Ihnen dies absolut empfehlen. Selten gab es im read!!ing room einen Autor, der seine eigenen Texte mit derartig viel Verve und Sprecherfinesse vortrug. Der Ernst-Willner-Preisträger (Ingeborg Bachmann-Preislesen) aus dem Jahr 1990 veröffentlicht fast im Jahresrhythmus Erzählungen, Kurzgeschichten und Romane. Dabei ist Fleischer auch noch ein ausgewiesener Weihnachtsgeschichtenspezialist. “Bad Weihnachten” ist bereits der dritte Band, der sich mit der angeblich stillsten Zeit im Jahr beschäftigt. Dies kommt nicht von ungefähr, da der Autor eigenen Angaben zufolge jedes Jahr seine Leser*innen mit einer Weihnachtsgeschichte per E-Mail beschenkt.
Buchpräsentation mit Satiren und Parodien
Bei der Buchpräsentation, die von Peter Marius Huemer als Vertreter des Sisyphus-Verlags begleitet wurde, las Fleischer neben der titelgebenden Geschichte “Bad Weihnachten” auch noch “Das Weihnachtsoratorium”, “Daddy Kools Krissmessmissfortschn” und “Die Giftgivers”. So skurril die Titel anmuten, so skurril und parodistisch waren auch die Geschichten.
“Bad Weihnachten” ist eigentlich ein Etikettenschwindel. Das Cover, das sehr an jene Weihnachtspostkarten erinnert, wie sie gerne von Firmen an ihre Kunden verschickt werden, leitet ein wenig in die Irre. Wer sich klassische nette Weihnachtsgeschichten erwartet, wird nur teilweise Erfüllung finden. Abgesehen davon, dass der Titel zweideutig ist und sowohl das “schlechte” oder “böse” Weihnachten als auch eine reine Ortsbezeichnung sein kann, waren die vorgetragenen Geschichte stark satirisch. Nebenbei bemerkt ist “Bad Weihnachten” tatsächlich als Ortsname zu verstehen, so wie “Bad Vöslau” oder “Bad Tatzmannsdorf”. Die titelgebende Geschichte greift nicht nur die Kommerzialisierung von Weihnachten auf, sondern nimmt gleichermaßen die Wellnessindustrie auf’s Korn. “Das Weihnachtsoratorium” skizziert liebevoll einen skurrilen Mathematiklehrer, “Daddy Kools Krissmessmissfortschn” nimmt sich dem Selbstoptimierungswahn und der Body Modification an und in “Die Giftgivers” bekommt das allzu kommerzielle Radio den Spiegel vorgehalten. Alle Geschichten haben jede für sich einen eigenen Ton. Es ist Fleischer sehr wichtig, dass Form und Inhalt passen – dabei schafft er es mühelos zwischen unterschiedlichen Sprachebenen – etwa Dialekt und Hochsprache – zu wechseln.
Sprachkritik und Wienerisch
Daher verwundert es nicht, dass die Sprache an sich eine weitere wichtige Ebene in “Bad Weihnachten” darstellt. Nun, das klingt natürlich nicht besonders überraschend und scheint eine “Nona”-Erkenntnis. Allerdings ist Ludwig Roman Fleischer ein Virtuose, wenn es um das Spiel mit der Sprache und den unterschiedlichsten Stilen geht. Er beherrscht unterschiedliche Sozialekte und die Sprache wird in einigen Geschichten fast schon zur Protagonistin. Die titelgebende Geschichte “Bad Weihnachten” ist weitgehend im Ton einer Reportage gehalten. “Die Giftgivers” ist ein Feuerwerk an denglischem Radiosprech und zu guter Letzt befindet sich im knapp 140 Seiten starken Bändchen das Weihnachtsevangelium in zweifacher Ausführung – einmal in Altwienerisch und einmal in Neuwienerisch. Vor allem die letzte Disziplin fällt dem virtuosen Ludwig Roman Fleischer leicht, publizierte er doch mehrere Bücher zum Thema “Weanerisch”…
Ludwig Roman Fleischer legte mit “Bad Weihnachten” wunderbare Weihnachtsgeschichten vor, die man – ruhigen Gewissens – das ganze Jahr über lesen kann.
Bad Weihnachten
Erzählungen im Lärm der stillsten Zeit
Erzählungen
Broschur, 13,5 x 20,5 cm
2018
142 Seiten
ISBN: 978-3-903125-33-9
15 €
[…] „Bad Weihnachten“ präsentierte Ludwig Roman Fleischer seinen aktuellen Roman „Die letzten 100 Jahre“, der […]