Bereits im Juni präsentierte der read!!ing room in der Sparte „Die Vorleser/innen“ eine szenische Lesung mit den sinnlichen Texten von Margarete von Navarra. Am vergangenen Wochenende (09. Juli) sollte mit dem „Decamerone“ von Giovanni Boccaccio die logische Folge auf dem Programm stehen. Sven Stäcker und Valerie Anna Gruber, die derzeit bei den Sommerfestspielen in Melk zu sehen ist, hatten sich für eine pikante Auswahl aus dem erotischen Renaissance-Klassiker entschieden.
Der Prolog sollte bereits zur Erheiterung führen. Interaktiv wie der read!!ing room ist, fragte ein Gast, ob das Stück denn in Italienisch oder in Deutsch gegeben werden würde. Schlagfertig kam das Angebot es doch gemeinsam in Deutsch und Italienisch zu versuchen…
Die Texte wurden von einer Rahmenhandlung gebunden. Valerie Anna Gruber – im grünen Dirndl (!!) – übernahm den Part einer jungen, eher dominanten Frau. Sven Stäcker den Part des älteren Galans, der doch lieber mit Puppen spielt. Ein Hauch von „Szenen einer Ehe“ wehte durch den read!!ing room . Mit viel Witz und Ironie wurden die ausgewählten Texte vorgetragen.
Stäcker und Gruber lasen jedoch nicht nur die Texte vor. Sie inszenierten die Lesung mit einfachen Mitteln. Sinnbildlich kamen Pflaumen und Karotten ins Spiel, die Sven Stäcker unter dem Motto „Kochen im read!!ing room“ ins Spiel brachte (die Symbolik der Pflaumen und Karotten dürfte auf der Hand liegen). Und auch die Odyssee einer jungen Königstochter aus dem Orient durch die Betten und Burgen des gesamten Mittelmeerraumes wurde mit Handpuppen und eigens erstellten Zeichnungen illustriert. Dadurch gewann der Reigen der Liebhaber eine zusätzliche Komponente. Das – vorsichtig umschrieben – „unromantische“ Werben um die Braut und das Meucheln und Morden der Nebenbuhler wurde durch die witzigen Zeichnungen von Stäcker konterkariert. Die zusammengeknüllten Zeichnungen flogen zum Gaudium aller ins Publikum und die Lacher waren auf der Seite der Schauspieler/innen.
Alles in Allem war „Das Decamerone“ mit Valerie Anna Gruber und Sven Stäcker erneut ein gelungener Abend, der bewies, dass man Klassiker auch gerne gegen den Strich bürsten kann, um den Unterhaltungswert der Texte noch einmal zu steigern. Beide traten den Beweis an, dass eine Lesung alles andere als eine „fade G’schicht“ sein muss.
All jenen, die Klassiker der Literatur in einem ganz untypischen Gewande sehen wollen, sei verraten, dass eine „Cyrano de Bergerac“-Lesung für November und eine Lesung wunderschöner Renaissance-Liebesbriefe im Oktober geplant sind.
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