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Peter Campas Hommage an die Donaustadt

Verschiebebahnhof Breitenlee / Wikipedia

Vor einem guten Jahr führte Peter Campa das Publikum in die Welt seiner neuen Figur Friedrich Kudrna ein. Gestern präsentierte er einen zweiten Protagonisten seiner ganz persönlichen menschlichen Komödie aus Wien. Die Kurzgeschichte “Hundstage” zeigte Franz-Josef Heissenbüttel und seinen Hund Farkas auf einer Wanderung durch Aspern, Süssenbrunn und andere “exotische” Plätze Transdanubiens.

Die “Wanderungen durch die weißen Flecke auf der Wiener Landkarte” sind der Rahmen für eine Reihe an Erzählungen, Anekdoten und historischen Porträts von Stadtteilen, die erst in den letzten Jahren durch das Großprojekt Seestadt und die Erschließung mittels U-Bahnausbau näher ins Zentrum und in den Fokus der Stadt rückten. Campa entwirft eine Art “Roadmovie” und gibt nur stückweise Informationen zu seinen beiden Hauptfiguren Franz-Josef Heissenbüttel und dessen Hund Farkas, der ungemein menschliche Züge trägt, preis. Die langen Spaziergänge durch die Donaustadt in der brütenden Hitze zeigen einerseits die Einsamkeit eines alleinstehenden Protagonisten, andererseits dessen bewusste Entscheidung eine Stadtwildnis zu erforschen, wie sie nur mehr selten in urbanen Räumen vorkommt. Ein beredtes Beispiel: Der ehemalige Breitenleer Verschiebebahnhof, der sich über die letzten Jahrzehnte zu einem ganz eigenen Biotop entwickelte. So verwandelt Campa die Erzählung “Hundstage” zu einem Reisebericht, der ein alternatives Wien zeigt. Der Fokus liegt nicht auf den großen von LKW befahrenen Achsen, sondern auf den Zwischenräumen. Campa animiert gerade seine Leser/innen und Zuhörer/innen dazu, die ausgetretenen Pfade und autobahnartigen Ausfallstraßen zu verlassen und sich Zeit zu nehmen, das Abseitige und vielleicht auch etwas Verschrobene zu erkunden. Somit ist “Hundstage” nicht nur die Geschichte eines liebenswerten Außenseiters samt Hund, sondern auch ein Plädoyer für die einfachen, oft wenig offensichtlichen Freuden des Lebens.

Die Reise ging weiter…

Campa ließ es sich jedoch nicht nehmen eine Geschichte von Friedrich Kudrna zum Besten zu geben. Sie diente quasi als Intermezzo. Denn im dritten Text begab sich Franz-Josef Heissenbüttel mit seinem Hund Farkas erneut auf Wanderschaft durch das Viertel um den “Floridsdorfer Spitz”. Ziel des Interesses war die Wolfsschanzengasse, die als idealer Ausgangspunkt diente, um über die Wiener Straßennamen und mögliche Belastungen durch den Nationalsozialismus nachzudenken. Allerdings drehte Campa den durchaus aktuellen Spieß geschickt um und zitierte ausschließlich Straßennamen, die man leicht als vorbelastet einstufen könnte; es jedoch nicht sind: Neben der Wolfsschanzengasse sind da noch die Anschlußgasse im 14. Bezirk oder die Ostmarkgasse im 21. Alle Straßennamen verwiesen, so der Erzähler, auf Ereignisse, die nichts mit dem Nationalsozialismus zu tun haben. Der literarisch-historische Spaziergang von Peter Campa endete an diesem Abend in Favoriten rund um den Suchenwirtplatz, der bereits des Öfteren, ob seines skurrilen und zweideutigen Namens, zu literarischen und kabarettistischen Ehren kam.

Erneut bewies Peter Campa, dass er ein Stadtdichter im besten Sinn ist. Seine Figuren dienen in ihrer vermeintlichen Skurrilität nur einem Zweck: der eigentlichen Hauptfigur Wien den Weg zu bereiten.

camap_03_2016

Veröffentlicht in Veranstaltungen

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