Günter Zäuner bestreitete heuer die bereits dritte Lesung aus „historischen Wienkrimis“ im read!!ing room. Der in Wien geborene Schriftsteller arbeitete zunächst als Lehrer und Journalist. Seine Schwerpunktthemen lagen vorwiegend im Kriminalbereich. Seit einigen Jahren publiziert Günther Zäuner Krimis.
Einen besonderen Stellenwert nehmen dabei die Sammlungen „Halbseidenes Wien“, in denen er historische Kriminalfälle präsentiert oder fiktive Kriminalfälle in historische Fakten hineinbettet, ein. Entgegen dem allgemeinen Mainstream, handelt es sich in „Halbseidenes Wien“ nicht immer um Mord und Totschlag; oft sind es die kleineren Vergehen, die dem Leser oder der Leserin ein – im wahrsten Sinne des Wortes – diebisches Vergnügen bereiten: Hier der kleine Taschenzieher, dort die Hausangestellte, die sich ihren kargen Lohn mit Diebstahl und Erpressung aufbessert… uvm.
Krimi-Reise durch die letzten 300 Jahre
Zäuners begann seine Lesung mit einer Geschichte aus dem Jahre 1703. Zwei sehr geschäftstüchtige Sänftenträger sollten durch einen kleinen Sabotageakt aus dem Geschäft gedrängt werden. Das Ansägen eines Tragarmes des Transportmittels mag ein kleines Delikt sein; man stelle sich jedoch den Schaden vor, wenn der zu transportierende Gast eine hochwohlgeborene Dame auf dem Weg zur Kaiseraudienz ist…
Die zweite Geschichte des Abends führte in den 9. Bezirk des Jahres 1828. Eine Hausangestellte erpresste ihren Dienstgeber nicht nur ob eines ehelichen Fehltritts mit entsprechenden Folgen, sondern sorgte mit ihrem slowakischen Freund für die passende, wenn auch unfreiwillige „Mitgift“ des Hausherrns und vermeintlichen Kindsvaters.
In weiteren Geschichten streifte Zäuner die kleinen politisch-korrupten Mauschlereien am Bau in den 70er Jahren, die dann 1980 zum ersten großen Wiener Bauskandal (AKH) führten. Dann sprang er wieder zurück ins Jahr 1934 und stellte zwei Taschendiebe aus Hernals ins Zentrum der Handlung. Diese setzten auf Malzzuckerln um betuchten Damen die Handtasche zu entwenden.
Zäuner beschrieb in „Der Renommiertschusch“ den Alltagsrassismus eines Wiener Taxifahrers und schloss mit einer Geschichte um den legendären „Wiener Gürtelkönig“ Heinz Bachhammer, alias der Rote Heinzi, die sehr kurzweilige Lesung ab.
Eingehende Sprache und zahlreiche historische Verweise
Die von Zäuner präsentierten Geschichten sind nicht nur sehr unterhaltend, sondern auch flott geschrieben. Die Sprache ist eingängig und wird hier und dort durch den passenden Dialekt respektive Soziolekt unterbrochen. Außerdem verweist der Autor immer wieder geschickt auf historische Fakten, sei es der Paganini-Boom im Jahre 1828, der Verweis auf Alfred Worm im Zuge des Bauskandals oder die Erläuterungen zum Wiener Lusthaus. All das verleiht den dargebotenen Geschichten Zäuners eine unglaubliche Authentizität.
Kommentare