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read!!ing room Adventskalender 2023

„Vorfreude auf Weihnachten“ – Joachim Ringelnatz

Ein Kind – von einem Schiefertafel-Schwämmchen
Umhüpft – rennt froh durch mein Gemüt.

Bald ist es Weihnacht! – Wenn der Christbaum blüht,
Dann blüht er Flämmchen.
Und Flämmchen heizen. Und die Wärme stimmt
Uns mild. – Es werden Lieder, Düfte fächeln. –
Wer nicht mehr Flämmchen hat, wem nur noch Fünkchen glimmt,
Wird dann doch gütig lächeln.

Wenn wir im Traume eines ewigen Traumes
Alle unfeindlich sind – einmal im Jahr! –
Uns alle Kinder fühlen eines Baumes.

Wie es sein soll, wie’s allen einmal war.


Adventkalender 1

„Punschlos Glücklich“ – Christian Schwetz

Du hast drei Pünsche frei, sagte die gute Fee.
Ich will gern groß und stark sein, sagte Herrn Müllers Sohn,
und trank den Apfel-Zimt-Punsch.
AHHH, brüllte er, weil er sich die Zunge verbrannt hatte.
Da rannten die Taschendiebe davon, weil sie sich vor ihm fürchteten,
und ließen die Handtasche der Prinzessin fallen.
Die Prinzessin bedankte sich mit einem Kuss auf die linke Wange von Herrn Müllers Sohn.
Ich will gern gescheit sein, sagte Herrn Müllers Sohn
und trank den Vanillekipferl-Punsch.
Der Punsch stieg ihm zu Kopf und er rollte die Augen.
Die Detektive, die der König seiner Tochter hinterher geschickt hatte,
fühlten sich ertappt und verarscht und ergriffen fluchend die Flucht.
Die Prinzessin bedankte sich mit einem Kuss auf die rechte Wange
von Herrn Müllers Sohn.
Ich will, ich will, will, will, lallte Herrn Müllers Sohn.
Die Prinzessin hatte Angst, er würde ihr den heißen Weihnachtspunsch über
die Finger gießen, weil seine Hand so zitterte.
Sie nahm ihm den Punsch aus der Hand und trank ihn selber.
Dann brachte sie Herrn Müllers Sohn zu sich nach Hause,
und nachdem sie ihren Rausch ausgeschlafen hatten,
lebten sie glücklich bis zum nächsten Weihnachtsmarkt.


Adventkalender read!!ing room 2023

„Ein Schneemann erzählt“ – Karin Vouk

Gestern hat es in Wien geschneit. Alleine dieser Tatsache verdanke ich meine Existenz. Mein Pech ist nur, dass ich ausgerechnet von Kindern in Wien gebaut wurde. Na gut, ich hätte es noch schlechter treffen können. Hier in einem der Außenbezirke habe ich zumindest eine geringe, aber fast sichere Lebenserwartung von einigen wenigen Tagen. Man stelle sich vor ich wäre z.B. am Heldenplatz gebaut worden. Ja, dort wäre ich schon ein Held wenn ich nur wenige Stunden überleben würde. Nach kürzester Zeit wäre ich ganz grau, Salz würde mich von unten nach oben auffressen und Touristen über meine letzten Reste trampeln. Habe ich alles schon mal erlebt. Was die wenigsten nämlich wissen ist, dass wir Schneemänner zwar aus zufälligen Schneeflocken zusammengebaut werden, aber wir uns an unsere früheren Existenzen erinnern können. Wie genau das funktioniert, weiß ich allerdings nicht. Ich existiere ja nie lange genug um das genau zu erforschen.

Letztes Jahr hatte ich großes Glück, ich wurde nämlich in Tirol gebaut. Woher ich das weiß? Ich stand neben einer Skipiste und habe neben einigen Fetzen Tirolerisch auch jede Menge deutsche und holländische Wörter aufgeschnappt. Wo genau ich war, weiß ich allerdings nicht, auf der Seilbahn über mir war zwar ein Schriftzug, aber entziffern konnte ich ihn auf die Entfernung nie. Krisensicher war das und wie auch noch. Die Tiroler werfen, kaum ist es kalt genug die Schneekanonen an.


Damit werden nicht nur die Pisten präpariert, nein es bleibt auch immer etwas für uns Schneemänner übrig. Die Kinder bauen uns daher nicht nur einfach, sondern bessern uns auch immer wieder aus und stellen oft mehrere von uns nebeneinander. So entstehen manchmal ganze Gruppen von Schneemännern. In der Nacht werden zwar oft unsere Karottennasen durch Wildtiere weggeknabbert, aber dafür können wir uns dann auch fast in Ruhe unterhalten.

So habe ich auch schon viel von den anderen Leben der Schneemänner erfahren. Einer davon hat mir erzählt, wie er in einem Garten eines kleinen Mädchens von dieser gebaut wurde. Wie sie ihn wochenlang angestrahlt und immer wieder verschönert und umgezogen hat. Einzig vor dem Hund des Hauses hat ihm geekelt. Der hat ihm nämlich immer auf die Beine gepisst. Den Ekel konnte ich gut verstehen, denn auch meine Beine wurden, als ich am Heldenplatz stand immer wieder angepinkelt.

Aber nun zurück zu meiner aktuellen Existenz. Ob ich es heuer schaffe bis Weihnachten durchzuhalten? So hart wie mein Kern durch die tiefen nächtlichen Temperaturen ist, könnte es sich ausgehen.

Ob man mich dann neu anzieht, wenn ich es schaffe? Weil festlich sehe ich ja jetzt gar nicht aus, mit meiner Karottennase, den dreckigen Steinen als Augen und dem mottenzerfressenen Schal. Ob auch ich mir was vom Christkind wünschen darf? Wenn ja dann wünsche ich mir:

Einen Christbaumspitz als Nase
Zwei kleine Glaskugeln als Augen
Und so eine neumodische LED-Lichterkette als Schal.

Liebes Christkind bitte bitte, ist ja auch in deinem Interesse, dass ich dem Weihnachtsmann Konkurrenz mache. Ich wünsch dann auch allen die an mir vorbeigehen, in aller Stille, frohe Weihnachten.


Adventkalender read!!ing room 2023

„Schnee bei Vollmond“ – Susanne Ulrike Maria Albrecht

Die Erde öffnet sich
Ein Heer von Soldaten stampft heraus
Sie marschieren im Gleichschritt
Immer weiter gerade aus
Die schneebedeckte Erde, bebt unter
Ihrem Stiefelschlag
Wo einst Häuser standen, ruhen sich
Jetzt Granaten aus
Der Schnee färbt sich rot vom Blut
Alles schweigt
Ist etwa Frieden?
Die Erde schließt sich wieder
Es war einmal
Alles ist vorüber
War alles nur ein Traum?
Leise fällt der Schnee auf die Erde
Hernieder
Aus weiter Ferne erklingen
Weihnachtslieder


Adventkalender read!!ing room 2023

„Weihnachten im Trillerpark“ – Peter Campa

Heute ist ein schöner Tag
Kauf ich, was ich kaufen mag
Ich mach mich für das Christkind stark
Und fahre in den Trillerpark
Dann schaue ich zum Mediamarkt
Und hol mir fast ’nen Herzinfarkt
Park den Wagen in der Garage
Für das Auto wie eine Massage
Mein Kind will ein Geschenk mit Stil –
Von Lego oder Playmobil
Zu Fuß kann ichs nicht tragen
Und so brauch ich meinen Wagen
Meine Frau will einen Flachbildschirm
Der geht ihr nicht aus der Birn‘
Die Oma will eine Matratze
Der Opa einen Spray für seine Glatze.
Alles das bekomm‘ ich hier
Woanders nicht – das wissen wir.
Es gibt so viele Geschäfte
Sie zu besuchen kostet Kräfte
So erhalten wir den Weihnachtsfrieden
Ein tiefrer ist uns nicht beschieden.


Adventkalender

„Weihnachtliches“ – Waltraud Zechmeister

Ein Engel schwebt durch den Raum.
Der Nebochant spürt nur den Luftzug
und schließt das Fenster.


Adventkalender

„Rudolph das Rentier“ – Bernd Watzka

Ich bin ein altes Rentier;
Rudolph werd ich genannt,
und meine Säufernase
ist im ganzen Land bekannt.

Sie leuchtet nachts im Dunkeln,
dennoch riss ich einen Stern;
seitdem bin ich traurig,
niemand hat mich seither gern.

Es war ein blöder Unfall
im Nebel der Weihnachtsnacht.
Bin damals sturzbesoffen
in einen Schlitten gekracht.

Am Kutschbock saß Santa Claus,
selbst auch schon illuminiert.
Er erwachte im Krankenhaus,
Weihnachten war ruiniert.


Adventkalender

„Süße Weihnacht“ – Manfred Loydolt

Eine Katze, eine Katze
mit ’ner roten Mütze an
spielt heut‘ Nacht den Weihnachtsmann,
weil sie so gut schnurren kann!


Adventkalender

„weihnachstshaiku“ – Rudolf Kraus

ein weihnachtshaiku
kann auch nicht die welt retten
nur so tun als ob


Adventkalender

„Weihnachtsliedmarathon“ – Eva Flehschurz

Viele Leute nervt das, wenn schon im November in den Kaufhäusern der Weihnachtsliedmarathon von oben nach unten gespielt wird. Mir war das immer egal. Nicht, dass ich viel darüber nachgedacht hätte. Ich weiß nur, dass es mich nie gestört hat. Mir wäre aber auch nicht aufgefallen, dass mir im Dezember 2020 etwas gefehlt hätte.

Jedes Jahr um diese Zeit kaufe ich mir auf irgendeinem Weihnachtsmarkt Mistelzweige. Ich liebe Mistelzweige. Ich binde eine schöne Masche rundherum und hänge sie im Freien auf, direkt neben der Eingangstür. Das fehlt mir dieses Jahr allerdings schon irgendwie. Wo kriege ich jetzt solche Dinger her? In einer regionalen Facebook-Gruppe tauscht man sich auch über dieses „Problem“ aus. Es ist eine Gartengruppe. Da ich absolut keinen grünen Daumen habe, bin ich da immer nur Mitleserin. Und so lese ich mit, dass eine den Rat erteilt, es doch in einer Gärtnerei zu versuchen, die dürfen ja offen haben.

Gärtnerei! Da hätte ich drauf kommen können! Bei mir um die Ecke gibt es eine. 5 Minuten zu Fuß. Ja das mache ich. Zuerst schaue ich mich draußen ein bisschen um. Dann lege ich mein Mundfetzerl an und betrete das Geschäft. Da erfasst mich plötzlich ein Song mit voller Wucht. It’s gonna be a cold cold christmas without you, klingt es aus dem Lautsprecher. In diesem Moment wird mir bewusst, dass sie mir heuer doch gefehlt haben, die Lieder in Verbindung mit vorweihnachtlichem Bummeln. Am liebsten hätte ich im Geschäft gleich mitgesungen. Weihnachten ohne seine Lieder wäre wirklich ein kaltes, kaltes Weihnachten.

Ich denke noch viel darüber nach, beim Heimgehen und zu Hause. Ja, ich mag Weihnachtslieder. Da fällt mir ein, ich war einmal vor vielen Jahren sogar auf einem Adventball. Da spielten sie den ganzen Abend nur Weihnachtslieder. Zu diesen amerikanischen „Swing-Titeln“, zu Songs wie A Holly Jolly Christmas, Driving Home for Christmas, Frosty the Snowman, Here Comes Santa Claus, I’ll Be Home for Christmas, Jingle Bell Rock, Let ist Snow! Let it Snow! Let it Snow!, Santa Baby, Santa Claus Is Coming to Town… kann man super das Tanzbein schwingen.

Ich oute mich, ich höre auch Last Christmas gerne. Noch immer. Von den deutschen Liedern gefällt mir Leise rieselt der Schnee besonders gut. Wort und Melodie erzeugen in mir so eine friedliche Stimmung. Genauso wie Stille Nacht. Die Version von Ella Fitzgerald finde ich genial. White Christmas höre ich am liebsten gesungen von Bing Crosby, Jingle Bells und Rudoph wiederum in allen möglichen Fassungen. Und José Feliciano und sein Feliz Navidad zwingen mich quasi zum Mitsingen. Beim ersten akustischen Kontakt mit Georg Danzers Wie woa Weihnachten hatte ich Gänsehaut, Udo Jürgens Merry Christmas allerseits fand ich witzig.

Die Mistelzweige waren übrigens aus. Kommen erst nächste Woche wieder, hieß es. Dafür weiß ich jetzt, dass ich die Weihnachtslieder brauche. Oder wie Arthur Schopenhauer schon lange vor mir wusste: „Meistens belehrt erst der Verlust uns über den Wert der Dinge“.


Adventkalender

„Das Kripp“ – Christian Schwetz

Gutes Freunde soll sein um uns.
Das graue Esel und das rotes Kuh.
Weil nur drei sein zu wenig
für ein grosses ächtes KRIPP.

Altes Männer sollen bringen das Glück:
stinkiger Parfüüm, cooles Rubbell-Los
und das Heiligenschein.
Kumman se von der morgige Land.

Gutes Engerln sollen schweben über uns.
Das Schützen tut dem Familie nützen.
Weil nur das Liebe sein nicht genug,
für ein prächtiges KRIPP.

Ein Mama mit dem Baby sein zu wenig.
Eine Papa mit dem Baby sein sowieso selten.
Ein blaue Frau und braunes Mann allein
sein auch kein KRIPP.

Und eine Baby in dem Futternapf
erkennt man gleich.
Aber sein kein schääner KRIPP
OHNE das Mama und das Papa
und das Engel und das Känig
und das Esel und das Kuh.
Muh.


Adventkalender

“ 24. Dezember“ – Christl Greller

Ich weigere mich, etwas über Weihnachten zu schreiben.

Aber: noch nach Jahrzehnten feuersicherer Elektrokerzen riecht für mich jede ausgeblasene Wachskerze nach dem Fest. Das ganze Jahr.


Adventkalender

„Beim Würstelstand“ – Gabriele Rökl

Beim Würschtlstand am Alsergrund
Steht der Peda mit sein‘ alten Hund
Bestellt a Haße mit Gebäck
„Den Gschissanan lass liaba weg.
Zwa Tatzerl gib ma bitte heute
Mir alten Hund teilen uns die Beute
Ich kriag des Brot und er die Wurst
Und beide ham ma a an Durst.
Wos leider fehlt is die Marie
Zum Saufen gibt’s nix ohne di.“
Der Würstlmann ist gut im Bilde
Und zeigt sich ausnahmsweise milde.
„Weil Weihnacht is kriagst a a Wurst
Und a a Bier für deinen Durst.“
Das hören die alten Hunde gern.
Überm Würschtlstand erscheint ein Stern.


Adventkalender

„frost“ – Lorena Pircher

das moos nässt / der regen
hat den sommerschlaf
aufgeweicht
salz / schorf / rohe haut
kurze tage / lange nächte:
gestundete zeit

das moos vertrocknet / schnee gefallen
wunden deine worte
auf meiner haut:
schorf hat angesetzt
auf meinem geschälten sein –

lange nächte / gestundete zeit:
die dämmerung friedlich
der nachthimmel dehnt sich
in meine gegenwart
der winter kommt wieder
hast du einmal gesagt


Adventkalender

„Ochs und Esel“ – Bernd Watzka


Wir leuchten zwar nicht am Firmament,
doch wir sind aus dem Neuen Testament.

Wir waren einst die fade Staffage
vom Jesuskind und seiner Bagage.

Wir mussten im Hintergrund bleiben,
als tierische Tapete, echt zum Speiben:

Während vor uns ein Wunder geschah,
die Geburt des Heilands – das wisst ihr ja.

Was soll man über uns noch sagen?
Nichts. Wir werden‘s mit Würde ertragen.


Adventkalender


„Ich bin das Christkind“ – Ulrike Winkler-Hermanden.

Das haben sie immer zu mir gesagt. Ich bin was Besonderes – ich bin am 24. Dezember geboren. Das gefiel mir immer sehr gut. Mein besonderer Geburtstag wurde in der Früh beim Frühstück gefeiert. Ich bekam da wohl auch Geschenke, aber daran erinnere ich mich nicht mehr so genau. Denn obwohl ich doch selbst das Christkind war, kam am Abend das andere, das richtige Christkind. Da lagen die Geschenke unter dem hell erleuchteten Baum. Da standen wir, meine Oma, meine Mutter, mein Vater, meine Schwester und ich. Da sangen wir, obwohl wir das sonst nie machten, und deshalb konnten wir das auch nicht so gut. Und wenn wir endlich bei „Stille Nacht, heilige Nacht“ angekommen waren, schauten wir noch ein bisschen ergriffen auf den Baum und auf die Kerzen, und mein Vater zündete noch schnell ein zweite Welle Sprühkerzen an.

Dass eigentlich ich das Christkind bin, war da schon längst vergessen. Sie hatten mir erzählt, dass ich schon ein Krampus werden sollte. Am 5. Dezember kamen die ersten Wehen, aber das war dann doch nichts, sie schickten die Mutter wieder nachhause. Am 24. Dezember um drei Uhr früh ging sie noch einmal ins Krankenhaus. Allein mit einem kleinen Koffer. Das Krankenhaus war ja nicht weit weg. Höchstens zehn Minuten zu Fuß. Der Portier war erstaunt, als er die Frau mit dem großen Bauch so allein dastehen sah, er schaute sich noch einmal gründlich um, aber da war nur meine Mutter. Ich war ja noch im Bauch und nicht zu sehen. Meine Mutter wurde eingelassen und was in den nächsten Stunden passierte, erzählten sie nicht so genau. Um 15 Uhr war ich jedenfalls da und lag im kleinen Gitterbett und der Vater kam und sagte: Aha, ein Christkind, ein Mädchen.


Adventkalender

„dieses weihnachten“ – Rudolf Kraus

trunken vor freude
und später vom punsch
war ein famoses fest
oder was


Adventkalender

„Weihnachtswunder“ – Waltraud Zechmeister

Weihnachtswunder
Weihnachtswirtschaftswunder
Weihnachtswirtschaftsverkaufswunder
Weihnachtswirtschaftsverkaufszahlenwunder


Adventkalender

„Christkind“ – Georg Biron

Christkind
I woa amoi a Superstar,
a echte Sensation.
Amoi im Joah – mit vü Trara…
Heute isses Amazon.

Georg Biron: Gedichte aus dem Extrazimmer


Adventkalender

„Weihnachtsdingsbums“ – Christian Schwetz

Die Stille Nacht, zum günstig runterladen.
Die grellen Plastik-Glocken, diese faden.
Die bunten tausend Kilowatt-Reklamen.
Die Werbezettel-Austeil-Christkind-Damen.
Ach Kind, was taugt dir so?
War das schon so, als ich das auch gemocht?

Die Kaufhausmassen ohne Unter- oder Obertöne.
Der Weihnachts-Pop der großen Töchter-Söhne.
Die „Hast du schon die Geschenke alle?“ Fragen,
an diesen Weihnachtsfeier-Punsch-Trink-Tagen.
Ach Kind, musst du da mit?
War das schon so, in meiner Kinder-Weihnacht?

Der Kampf der Christkind- gegen Weihnachtsmann- Fraktionen.
Die tausend Punsch-für-Gutes-Tu-Aktionen.
Das oberflächlich nach der Tiefe schürfen.
Das Wa(h)re- Kunst-Hand-Werk-Markt-Shoppen dürfen.
Ach Kind, es ist mir klar,
soo hohe Hoffnung stresst,
wie jedes Jahr.


Adventkalender

„Die Heiligen Drei Kühe“ – Bernd Watzka

Wir sind die Heiligen Drei Kühe,
wir schleppten uns mit großer Mühe
nach Bethlehem, suchten die Krippe
mitsamt der dreifaltigen Sippe,

zu kredenzen dem heiligen Knilch
unsre wertvollste Gabe: frische Milch.
Doch wir Kühe – es ist kaum zu fassen! –
wurden beim Stall nicht vorgelassen.

So erging’s auch Schweinen und Hennen;
wir mussten alle schmerzlich erkennen:
Mit Milch, Fleisch, Eiern ist Gott dir nicht hold;
es zählen nur Weihrauch, Myrrhe und Gold.


Adventkalender

Weihnachtsgedicht – ChatGPT / read!!ing room

Der Advent ist da, voll Glanz und Licht,
die Zeit der Plätzchen bis die Waage bricht.
Glocken klingen, wieder ohne Schnee,
und Oma backt Kekse, für dich und mich, ohjee!

Der Weihnachtsmann mit Rauschebart,
sitzt auf dem Dach, kifft ganz apart.
Die Rentiere schleppen, voller Müh’ und Not,
denn der Schlitten ist schwer, voll mit altem Brot.

Geschenke gibt’s keine, im ganzen Haus,
die Kinder suchen trotzdem mit viel Applaus!
Die Katze hat den Tannenbaum erklettert,
und der Hund das Lebkuchenhaus zerdeppert.

In der Küche brutzelt’s, nur Kartoffeln im Topf
der Duft macht keinen hungrig, berauscht ist der Kopf.
Die Familie versammelt, lallt laut im Chor,
mit feuchter Zunge und noch mehr Humor!


Adventkalender

„Advent“ – Rainer Maria Rilke

Es treibt der Wind im Winterwalde
Die Flockenheerde wie ein Hirt,
Und manche Tanne ahnt, wie balde
Sie fromm und lichterheilig wird;
Und lauscht hinaus. Den weissen Wegen
Streckt sie die Zweige hin – bereit,
Und wehrt dem Wind und wächst entgegen
Der einen Nacht der Herrlichkeit.


Schmargendorf, im Dezember 1897

Adventkalender

„Die Angst von DJ Wokee vor der X-Mas-Playlist*“ – Neil Y. Tresher

Die Pfarre Deutschbrunnau an der Hinterfurth ist stolz auf ihren traditionell originellen Weihnachtsbazar, der jedes Jahr in der örtlichen Multifunktionshalle stattfindet. „Der Unique Selling Point des Bazars liegt…“ – wie der Obmann des hiesigen Unterstützungsvereins und Vorsitzende des Pfarrgemeinderats Hartmuth Lögerich zu betonen pflegt – „… in der einzigartigen Atmosphäre des Basars und dem ungewöhnlichen Veranstaltungsdatum. Der Weihnachtsbazar sei quasi ein Late-Advent-Event“, so der umtriebige Pfarrgemeinderat in einem Interview mit Radio Tschibumm. Tatsächlich findet die Veranstaltung rund um das letzte Adventwochenende statt.

Viele fleißige Hände verströmen bereits Wochen vor dem gesellschaftlich-karitativen Höhepunkt im Leben der Pfarre Deutschbrunnau an der Hinterfurth den Duft von kindlicher Vorfreude, künstlichem Rumaroma, minziger Rheumasalbe und geschäftigem Treiben.

Für die Ausgabe 2023 hat sich das Organisationskomitee etwas ganz Besonderes überlegt. Man engagierte den wohl angesagtesten DJ zwischen Deutschbrunnau an der Hinterfurth und Sankt Johann am Niederwassersee für die gute Sache; niemand Geringeres als „DJ Wokee“ konnte als Stargast gewonnen werden – und das auch noch „pro bono“.

Hartmuth Lögerich hatte DJ Wokee bei der Vorbesprechung völlig freie Hand in der Auswahl der Playlist zugesichert. Nur zwei Punkte waren für den Vorstand des Pfarrgemeinderates unumstößlich: DJ Wokee sollte zwei Stunden auflegen und sein Set musste respektvoll und dem weihnachtlichen Gedanken der Nächstenliebe verpflichtet sein.

DJ Wokee, der mit bürgerlichem Namen Leo Mayer heißt, saß nun in seinem Studio und grübelte über der Playlist. Die Wahrheit war: Sie war leer. DJ Wokee hatte keine Weihnachtslieder in seinem Programm. Er bevorzugte Dub, Drum and Base, war Fan von Kruse und Stadtmeister. Heiße Beats waren seine Sache. Aber Weihnachtslieder? Fehlanzeige. Tilt. Nö, niente, nada.

Leo öffnete sein Notebook und scrollte die einschlägigen Playlists auf YouTube durch. Er musste sich das Leben einfach machen, schließlich gab es kein Cash für den Gig bei den Seniors. Und es sollte ja woke und chillig sein. Name verpflichtet.

Leo scrollte, klickte, las und hörte. Es war dunkel im Studio, die Kopfhörer schotteten ihn weiter ab. Ohne es zu merken, begann Leo seine Suche laut zu kommentieren:

„Was habe wir denn da? „Tochter, Zion freue dich…“. Kann man heute nicht händeln. „Stern über Bethlehem“ – kenn’ ich nicht. Gehen beide gar nicht. Hamas und Israel und so … Was ist denn da? „Last Christmas“ – ha das ist gut. Ein Evergreen. Nur könnte es von den Oldies falsch aufgefasst werden. Last Christmas – Letztes Weihnachten… Da kann ich genauso gut „Spiel mir das Lied vom Tod“ auflegen. Haha… Gehen wir mal zu den Amis.

„Baby, It’s Cold Outside“ – No way. Nein. Zu nahe an Rape culture. Da könnte ich gleich toxisch-maskulinen Rap auflegen.

„Rudolph the red nose rendeer“ geht immer. Das ist lustig. Da können’s dann mitsingen und auf Polonäse Blankenese machen. Noch ein kleiner Lyricscheck. Ahja: „All of the other reindeer/Used to laugh and call him names/They never let poor Rudolph/Play in any reindeer games.“ Klingt nach Mobbing und Bullying… No way. Shit. Langsam gehen mir die Ideen aus.

Gut, dann müssen wir zu den guten Menschen gehen. Nächstenliebe war ja das Motto. Bob Geldolf… Band Aid. 1984. Superbenefiz für Afrika. Das ist unverdächtig… Und alle waren sie dabei: Bono, Boy George für die Queeren, Sting… Cool. Aber die Frauen sind nur im Chor. Das wird schwierig. Zu viel männliche Dominanz… Zu viel Testosteron. Aber es war für die gute Sache. Kurz reinhören: „Do They Know It’s Christmas?…“ Nein, das ist nicht nice. Diese White-Savior-Attitude und „Wir erklären euch armen Afrikaner*innen mal wie Weihnachten funktioniert“ geht gar nicht…

Vielleicht „Feliz Navidad“ – aber auch blöd. Der Rosé Feliciano ist Puertorikaner und blind. Das wäre doppelte kulturelle Aneignung… Fehlt noch, dass Lögerich den Song mit: „Da werden Sie Augen machen“ anmoderieren will. Cringe! Was geht denn noch… Muss ich denn wirklich auf ein Set ohne Lyrics setzen?

„Santa Baby“ – feministisch ein Problem…Haha! Außer ich nehme die Version von Miley Cyrus… „Girls best friend is an equal pay…“ Wunderbar! Und hier haben wir noch den indischen Franziskanerpater Sandesh Manuel. Der singt ja Lieder von Georg Kreisler. Es läuft Digga. Playlist fertig. Weihnachtsbeats ohne Text, plus Miley und Pater Sandesh. Das nehme ich und zwar in Dauerschleife…

*Dieser Text kann Spuren von Satire enthalten.


Adventkalender read!!ing room 2023
Das letzte Türchen des read!!ing room Adventkalender

„dezember 24“ – Rudolf Kraus

sieben tage bis
jahresende die sonne
lacht auf einen
altersschwachen
tag

es heult ein frostig
kalter wind heute
kommt das himmlische

kind

Karl Wiener (Künstler), „Frohe Weihnachten“, um 1919, Wien Museum Inv.-Nr. 250533/72, CC0 (https://sammlung.wienmuseum.at/objekt/39462/)