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Rette mich, wer kann… Zweieinhalb LAP’s und die “alte” Kirchheiser…

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“Ein Weltbürger kann nicht am Balkon sitzen und in eine Baumkrone schauen. Das ist total unergiebig. Genauso geht es einer Wienerin.” So beginnt einer der Texte aus “Rette mich, wer kann – Texte zum Überle(b)gen” von Maria Gornikiewicz. Das Buch erschien heuer in der “Bibliothek der Provinz” und umfasst eine Sammlung von kurzen Betrachtungen kolumnenartigen Zuschnitts. “Rette mich, wer kann” geht in eine andere Richtung als die Erzählungen rund um Valerie Kirchheiser, die zuletzt im gleichen Verlag erschienen. Allerdings ließ es sich die Autorin nicht nehmen auch ein stückweit aus den Valerie-Romanen zu lesen.

Valerie Kirchheiser

Während der Lesung gab die Autorin nicht nur Einblicke in die Befindlichkeiten der resoluten Valerie Kirchheiser, sie präsentierte auch drei Auszüge aus “Rette mich, wer kann”. Gornikiewicz beschrieb ihr Verhältnis zur allgemeinen digitalisierten Welt, die Irrungen und Wirrungen der modernen Liebesbeziehungen und die Fülle an Jahres,- Gedenk- und Feiertagen, die uns bei näherer Betrachtung  keine Zeit zum Atmen lassen.

Die Welt, die uns Maria Gornikiewicz präsentierte, ist – um mit den unsterblichen Worten eines sehr unterschätzten Bundeskanzlers zu sprechen – einfach nur “sehr kompliziert”. Allerdings vermied es die Autorin in einen Ratgeberton zu verfallen und etwa mehr Achtsamkeit oder Wertschätzung einzufordern. Zu abgeklärt ist der Blick der Autorin auf die Welt. Maria Gornikiewicz plädiert in ihrem Buch allenfalls für Gemächlichkeit und Ruhe. Nebenbei scheint sie die Unebenheiten des modernen Lebens mit Humor zu meistern – auch wenn dieser hin und wieder schwarz ist. Ihr Plädoyer für das Single-Leben ist bestechend und wunderbar. Nur jemand, der mit Bravour zwei Ehen und zweieinhalb LAP überlebte, kann derartig überzeugend und glaubhaft argumentieren. Maria Gornikiewicz entwickelte in “Rette mich, wer kann” eine sehr wienerische Haltung gegenüber den Dingen. Sie nahm eine Position ein, die bisweilen raunzend, bisweilen staubtrocken kommentiert – nicht ohne die notwendige Portion Eigenironie ins Spiel zu bringen.

Lukas Plankenbichler auf der Gitarre

Maria Gornikiewiczs Lesung war wunderbar getimt, pointiert und unterhaltsam. Lukas Plankenbichler begleitete sie auf der Gitarre und sorgte mit Blues, Pop-Coverversionen etc. für eine wunderbare Ergänzung zu den Texten. Musik und Text griffen ineinander. Die Autorin und der Musiker warfen sich auf ganz unterschiedliche Weise die Bälle zu – so entstand neben der reinen Lesung noch quasi ein Stück im Stück, das seinen Charme nicht verfehlte und wesentlich zum Erfolg des Abends beitrug.

Es ist ein schönes Büchlein, das in der “Bibliothek der Provinz” erschien. Marie Gornikiewicz taucht in Alltagsphänomene ein und hinterfragt kritisch Dinge, ohne die wir offensichtlich nicht mehr auskommen. Eines kann schon verraten werden. Der Blick vom Balkon ist gar nicht so unergiebig, wie man meinen mag. Das wusste bereits Ernst Hinterberger, der, so scheint es, ganze Milieus von seinem Margaretner Gemeindebau aus entwarf. Und eines lässt sich auf jeden Fall sagen: Maria Gornikiewicz ist eine sehr gute Beobachterin.

Veröffentlicht in Veranstaltungen

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