Inspiriert vom englischen Sprachwissenschaftler und Schriftsteller Charles Kay Ogden (der den Tractatus von Wittgenstein ins Englische übertrug und als Schöpfer des auf 850 Vokabeln reduzierten Basic English in die Geschichte einging), entwickelten Otto und Marie Neurath ihre Bildpädagogik, die nicht auf erlernten Kulturtechniken (Lesen und Schreiben), sondern auf einer anthropologischen Konstanten, der Assoziationsfähigkeit, fußen sollte.
So entwickelten Otto und Marie Neurath unter dem Motto „Worte trennen, Bilder verbinden” ein Grundvokabular aus Symbolen sowie eine eigene visuelle Logik und Grammatik, um auch des Lesens und Schreibens weniger kundigen Erwachsenen und einer weniger begünstigten Jugend Bildungschancen zu eröffnen, die ihnen sonst verschlossen geblieben wären. Ursprünglich als „Wiener Methode der Bildstatistik” konzipiert (die volkswirtschaftliches Wissen neutral und wissenschaftlich korrekt vermitteln wollte), wurde das System zum International System of Typographic Picture Education ausgebaut, das es unter anderem ermöglichen sollte, Kindern mit visuell dargebrachten Gedankengängen Wissen zu vermitteln.
In der Nachfolge des Isotype prägen heute Piktogramme den Alltag und das Stadtbild. Zu diesen offiziellen Piktogrammen gesellen sich zunehmend Warenbotschaften und ein „Flat Design” – wobei es bei diesen Arten der „Reduktion auf das Wesentliche” vor allem um Steuerung und Manipulation der Massen geht.
Der aufklärerische Anspruch der einstigen Visionäre scheint dagegen in den Hintergrund getreten zu sein. Oder findet er im Zuge der „Digitalisierung” und Etablierung einer „multimedialen Wissenskultur” doch noch seine Verwirklichung?
Zur Vortragenden:
Simone Stefanie Klein ist Gründungsmitglied der Gesellschaft für angewandte Philosophie
Seit Sommer 2013 betreibt Simone Stefanie Klein das als Verein organisierte Bücheratelier edition libica. Dieses befasst sich primär mit der Wieder– und Neuauflage von belletristischem und philosophischem Schrifttum deutsch– und englischsprachiger Autorinnen vergangener Epochen. Damit soll einerseits interessierten Leserkreisen das für unseren Kulturkreis relevante weibliche Gedankengut zugänglich gemacht und andererseits in Fachkreisen der philosophische und literatur-wissenschaftliche Diskurs über die vielfältigen alternativen weiblichen Denkweisen angeregt werden.