Carina Nekolny liest aus ihrem unveröffentlichten Roman “Neun Leben”. Die Grundlage für diese Geschichte bildete ihre Dissertation in den Beständen des Landesarchivs Oberösterreich.
Die Handlung des historischen Romans spielt im späten18. Jahrhundet. Der Gemeindekotter im Gefängnis in Weyer 1773 und die Zeit ab 1775 im Gefängnis sind die Eckdaten.
“Eine junge Frau, Elisabeth Metzlerin alias Rosina Stainerin sitzt ein, sie ist ‚das Schlenzen so gewohnt’, war jahrelang auf Achse. Die Mauern, das Eingesperrtsein machen sie fast wahnsinnig. Sie hat ein Kind getötet, eines abgetrieben, beides Gründe für ein Todesurteil. Glücklicherweise konnte das Gericht ihr den Kindmord nicht nachweisen, ein Wunder eigentlich, immerhin hat das Gericht doch mit viel Mühe und Aufwand einiges unerwartet über sie herausgefunden.
Sie gibt in den Verhören immer nur zu, was unbedingt sein muss. Widerruft, erfindet, kämpft, zerbricht fast. Um diese in ihrer Zelle auf sich selbst zurückgeworfene Frau entstehen bruchstückhaft traumartige Sequenzen, Lebenssplitter. Der ‚bayrische Bub’, Jospeh Kundtler, ihr räuberischer Freund, den sie nicht verraten will. Die ‚großdutlete Sächsin’, mit der sie im Diebsgespann herumgezogen ist. Das ungewollte Kind, die existentielle Einsamkeit seiner Geburt, bei seinem Tod. Die Soldaten in Ebelsberg, bei denen sie als Prostituierte aus und ein ging, der Aufenthalt im Arbeitshaus in Passau, die Schübe nach Ungarn und Schlesien, Züge zwangsausgewiesener Bettlerscharen, die sofort wieder zurückzukehren. Das Wandern auf der Straße. Ein mitteleuropäisches Schicksal quasi. Kälte, Hunger, Krankheit, Ingredienzen eines Lebens in völliger Armut. Aber auch die Freiheit, das ungebundene Leben der jungen Frau. Liebe, die Rauschhaftigkeit von sexuellen Erlebnissen, das Schlemmen auf nüchternen Magen nach einem geglückten Diebszug.”
Carina Nekolny, geboren 1963 in Linz, studierte Germanistik, Geschichte, Philosophie und Historische Anthropologie (Dr. phil.). Sie lebt als Schriftstellerin, Redakteurin der Zeitschrift AUF und als Puppenspielerin in Wien. Sie schreibt Prosa, Hörspiele, Dramolette, Lyrics (Kantaten, Madrigale, Wiener Lieder, Porno Lyrics, Pamphlet Poetry) sowie Kinderbücher. Zuletzt erschien in der Edition Meerauge ihr Roman “Fingerspitzen”. Zahlreiche Auszeichnungen u.a. Rom-Stipendium der österreichischen Bundesregierung 2016. Ihr Romane und Erzählungen drehen sich meist um starke Frauen. Zuletzt präsentierte sie im August 2017 die Geschichte von Poldi Beranek im read!!ing room